Dass Holz als Aromaträger und Geschmacksveredler in der Herstellung hochwertiger alkoholischer Getränke zum Einsatz kommt, ist bekannt. Man denke nur an Wein und Whisky. Das bekannteste Verfahren zur Aromainduktion ist die Fasslagerung, bei der Zeit und Raum die Aromabildung bestimmen. Vermehrt kommen für die Holznuancen im Glas auch „Smoker“ zum Einsatz oder die Späne tauchen direkt in die Flasche. Ein Exkurs auf dem Holzweg.
Essenziell für das Resultat der verschiedenen Methoden zur Aromaanreicherung ist natürlich die Holzart. Hinzu kommen zwei weitere Kenngrößen die über die Aromabalance entscheiden. Die Beschaffenheit des Holzes und die Zeitspanne der Lagerung. In dieser Gleichung entscheidet nicht das Volumen, sondern die Oberfläche des mit der Flüssigkeit in Kontakt kommenden Holzes. So altern Weine in kleinen Fässern schneller als in großen. Obwohl die Fläche des genutzten Holzes insgesamt deutlich kleiner ist, ist die Holzoberfläche pro Volumen jedoch deutlich größer und sorgt für die schnellere Aromareifung. Aber welches Holz soll ins Glas?
Kleine „Holzologie“
Für die Fasslagerung kommen am ehesten harzarme Hölzer zum Einsatz. Diese sind überwiegend Eichenarten, aber auch Hickory oder Ahorn finden ihre Verwendung. Je harzreicher aber die Holzart ist, desto stärker tritt auch der Harzgeschmack im Endprodukt zutage. Und das muss man mögen! Besonders beim griechischen Retsina ist dies sehr gut nachzuschmecken.
Am weitesten verbreitet und am einfachsten erhältlich ist die Eiche. Am ergiebigsten sind die Unterarten „Quercus alba:“ Die Nordamerikanische Weißeiche und „Quercus petraea:“ Die französische Limousineiche. Erstere erzeugt tendenziell vanillige Aromen und addiert mehr Süße, wohingegen letztere eher karamellige, holzige und nussige Aromen induziert.
Holz á la Toast
„Toasting“ beschreibt das Verfahren Fässer von innen auszubrennen. Hierbei wird das Fass nicht nur kurz über das Feuer gehalten. Jack Daniel’s zum Beispiel erhitzt seine Fässer bei knapp 250°C für vier Stunden, um sie danach für vier Minuten bei über 800°C tatsächlich auszubrennen. Hierbei entsteht im Eilverfahren Holzkohle. Direkt im Anschluss wird das Fass in Wasserdampf getaucht. Dadurch werden die Poren der brennenden Innenseite geöffnet – abgesehen natürlich vom erwünschten Löschen des Feuers.
Am Ende dieser Prozedur sind die inneren 7-9 mm des Fasses zu Holzkohle gebrannt und haben dabei ihre Oberfläche aufgrund der extremen Weitung der Poren vervielfacht. Bei diesem Verfahren wird der im Holz vorhandene Zucker karamellisiert.
Angewandte Chemie
Der Vanillegeschmack wird indes – anders als regelmäßig behauptet – nicht beim Ausbrennen erzeugt. Er entsteht über längere Zeit und aufgrund der oxidierenden Wirkung des Alkohols auf das Holz. Die ersten Jahre bewirkt dies, das oxidierte Ellagtannin oder die ähnliche Ellagsäure. Danach wird Lignin durch Oxidation in Vanillin umgewandelt. Ersteres findet sich vorwiegend in Granatäpfeln, Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren und Walnüssen und erklärt so auch die eine oder andere fruchtige Geschmacksnote, welche durch Holzreifung im Alkohol entsteht.
Weiterhin werden unterschiedliche Geschmacksstoffe von unterschiedlichen Alkoholstärken herausgelöst. Stärken von 40-50 % Vol. lösen primär die Zucker des Holzes heraus. Wohingegen höhere Stärken von 50-55 % Vol. benötigt werden, um die Oxidation des besagten Ellagitannin und Lignins in Vanillin zu erzielen.
Holzhacker
Um die Verfahren nachzuvollziehen, sollen unterschiedliche Hölzer in einer möglichst klaren Spirituose eingelegt werden. Hier finden die besprochene amerikanische Weißeiche sowie die französische Limousineiche Verwendung. Im Vergleich dazu eine weitere aber selbst getoastete Limousineiche.
Dazu nehme man die gewünschte Holzart und stückelt sie zu kleinen Fragmenten. Je dünner die Stücke sind, umso schneller gibt das Holz Aroma ab. Auch lässt sich der Reifungsprozess so besser simulieren. Die Hölzer werden in extrafeste Aluminiumfolie gewickelt und im Ofen, bei 250°C, ein bis vier Stunden erhitzt. Es darf nun kein Sauerstoff an das Holz sonst zerfällt das Produkt zu Asche.
Schlussendlich werden die getoasteten und/oder unbehandelten Chips in unterschiedliche Flaschen, des in diesem Fall verwendeten, Havana 3anos eingelegt.
Gewünscht holzig
Wer Sorge um seine Spirituose hat, sei beruhigt. Bei allen drei Versuchsanordnungen ging kein Flüssigkeitsvolumen verloren, umso mehr aber ist der Einfluss des Holzes auf die Farbnuancen und Geschmacksbilder festzustellen. Der Rum auf den getoasteten Spänen, musste nach nur 6 Stunden vom Holz. Das „Toasting“ und die damit einhergehende Vervielfältigung der Oberfläche sorgten für eine dunkle Farbe und die Aromawirkung war so stark, dass um die Genießbarkeit des Tropfens gefürchtet werden musste.
Der Rum auf den unbehandelten Chips konnte eine Woche lang reifen und überzeugt dann durch eine schöne Bernsteinfärbung sowie sanfter holziger Aromen auf der Zunge. Es ist ein zufriedenstellendes Ergebnis das Aufwand und Ertrag in Balance hält.
So bleibt festzuhalten, dass einem konkreten, geschmacklichen Ziel angepasste Holzchips auch in kurzer Zeit gut aromatisieren und interessante Eigenkreationen ermöglichen und holzige Geschmacksspektren eröffnen die, jenseits der Klassiker von Wein und Whisky, so nicht zu erwarten waren. Gut Holz!
Dieser Artikel erschien in leicht veränderter Form das erste Mal am 04.04.2013
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